1. Juni 2019

Warum Software- und Digitalisierungsprojekte scheitern

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Arbeitsplatz 4.0. und Industrie 4.0 werden gerne und oft in den öffentlichen Medien diskutiert. Digitalisierung und Automatisierung scheint allgegenwärtig zu sein und wer sich nicht beeilt, wird gnadenlos von der Konkurrenz abgehängt. Doch wie sieht die Realität eigentlich genau aus, wie sieht es konkret in den deutschen Unternehmen aus?

Seit vielen Jahren begleiten wir unsere Kunden auf dem Weg zur Businessprozess-Digitalisierung und Arbeitsablaufoptimierung und stellen zu unserem Erstaunen fest, dass die Realität doch oft ganz schön anders aussieht als vielerorts vermutet. Statt Digitalisierung und Automatisierung, scheint analoges Denken und Handeln oft das einzige probate Mittel gegen alle Unzulänglichkeiten und Probleme in der heutigen Zeit zu sein.

Warum fallen aber eigentlich Digitalisierung und Automatisierung von Geschäfts- und Arbeitsprozessen vielen Unternehmen so schwer? Wir haben für Sie mit unseren Kunden darüber gesprochen und unsere Kunden gefragt, was die größten Hürden und Herausforderungen waren, die sie aus dem Weg räumen mussten, um zum Erfolg zu kommen? Die Interviewergebnisse und die am meisten genannten Gründe, möchten wir hier mit Ihnen teilen.

Interne Kommunikation

Eine der größten Hürden sind offensichtlich die herkömmlichen und „altbewährten“ Kommunikationswege in den Unternehmen. So wird beispielsweise jede auch so kleine Information gerne über Outlook geteilt und intern sowie extern weitergeleitet. Fast alle befragten und interviewten Personen haben zwar eine stetig steigende E-Mail Flut als großes Problem bezeichnet, haben aber dennoch zu uns gesagt, dass es irgendwie praktisch ist, wenn man eben schnell eine Mail auf die „Reise schickt“ oder von Kollegen informiert wird. Einige der Kollegen, so die Interviewpartner, erwarten und verlangen notfalls von Einem, dass sie immer und über alles per E-Mail informiert werden. Und diese Kollegen, die dieses Verhalten an den Tag legen, sind nicht selten Vertreter der mittleren und höheren Managementebenen, so die Interviewpartner. Das ist halt praktisch, sagen sie, wenn du alles in deinem Outlook hast.

Damit funktioniert die Kommunikation in solchen Unternehmen letztlich nur nach der Bringschuld Methode. Der Kreis der Informationsempfänger wird immer durch die E-Mail Absender bestimmt. Das dabei oft zu viele oder auch mal zu wenige Adressaten die notwendigen Informationen erhalten, wird in solchen Situationen in Kauf genommen.

Dass diese Art der Kommunikation nicht unbedingt zielführend sein muss und unkontrollierte sowie zum Teil inflationäre Informationsverbreitung zur Folge hat, wundert hier niemanden. Das es aber auch anders geht, sehen wir immer wieder in unseren Projekten. Dazu braucht es oft nur eine „Kleinigkeit“, die man ändern muss. Ändert man beispielsweise die Art zu kommunizieren, in dem Informationen zentral bereitgestellt werden, so führt das nicht selten zur Reduzierung der E-Mail Flut und besseren Transparenz. Das setzt aber wiederum voraus, dass der Eine oder der Andere im Unternehmen seine Komfortzone verlässt und sich die Informationen selber besorgt. Quasi weg von der Bringschuld, hin zu Holschuld. Das scheint aber oft ein weit schwierigeres Unterfangen zu sein, als eine neue digitale (Software-) Lösung zu implementieren.

Informationsmanagement

Die Mehrzahl unserer Kunden sind Kleine und Mitteständische Unternehmen, sogenannte KMUs, die sich bereits in einem Microsoft Umfeld bewegen. Das Bedeutet, dass in den Unternehmen sowohl Microsoft Anwendungen als auch Betriebssysteme und Server aus dem Hause Microsoft im Einsatz sind. Persönliche und Gemeinsame Laufwerke, die für Datenspeicherung genutzt werden können sind Standard. Viele Ordnerstrukturen sind jedoch über Jahre gewachsen und entsprechen nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Die gesuchten Dateien in so einem Ordnerdschungel schnell finden zu können, fällt vielen nicht immer leicht.

Darüber hinaus ist die Nutzung der existierenden Ordnerhierarchien in Projekten und bei der Themenbearbeitung außerhalb der Linienorganisation nicht unbedingt praktisch. Zumal neue Laufwerke und bestimme Ordnerhierarchien oft nur von der IT angelegt werden dürfen. „Das erschwert das Informationsmanagement enorm und wir greifen da halt gerne zu anderen Mitteln“, so unsere Interviewpartner. Dabei werden die Dokumente eben schnell per Outlook verteilt oder lokal auf den Rechnern gespeichert. Im Notfall wird aber auch noch gerne mal der eine oder der andere Ausdruck bzw. Kopie gemacht und im Leitzordner abgeheftet.

Auf die Frage „Was wünschen Sie sich in solchen Situationen?“, war die Antwort im Grunde die Gleiche: „Wir brauchen keine IT, die immer dazwischensteht und wir wollen selbst entscheiden können, wer auf die Daten Zugriff haben soll, um sie eben nicht per E-Mail versenden zu müssen, weil einer der Kollegen keinen Zugriff auf die Informationen hat. Wir wünschen uns einfach eine kollaborative Plattform, die unsere Zusammenarbeit im Team fördert und einfach macht“, so die Botschaft unserer Kunden.

Heterogene IT-Landschaft

Bei der Analyse von Arbeitsprozessen und Auswertung der notwendigen Tools für die Erledigung dieser Arbeitsprozesse, stellen wir leider immer wieder fest, dass die Vielzahl der eingesetzten Programme extrem groß ist. Besonders beliebt scheinen Excel-Lösungen zu sein. Sicherlich ist Excel ein ganz tolles Programm und kann auch enorm viel, aber anstatt sich mit Makros in Excel zu beschäftigen, fragen wir uns oft, ob es langfristig nicht effizienter wäre sich beispielsweise mit dem eingesetzten ERP zu befassen.

Über die Jahre steigt die Anzahl der Softwarelösungen, die in einem Unternehmen zum Einsatz kommen. Doch oft wird nur punktuell und aus der Not heraus gehandelt, und zu schnell etwas bestellt, was sich zwar für die „Linderung akuter Schmerzen und Probleme“ gut eignet, aber die Ursachen dieser Schmerzen und Probleme nicht beseitigt. Diese Art zu handeln, führt dazu, dass sich kleine Insellösungen überall über das gesamte Unternehmen verbreiten und in Summe oft mehr direkte und indirekte Kosten verursachen.

Sind solche „Insellösungen“ erst einmal entstanden und werden sie zum festen Bestandteil der täglichen Routinearbeiten und Arbeitsprozesse, sind sie nicht mehr so einfach durch eine große, einheitliche Lösung zu ersetzen. Das dabei täglich hohe Prozesskosten entstehen fällt im Unternehmen kaum auf. Bei der Einführung einer neuen Software stehen aber die Projekt- und Softwarekosten schwarz auf weiß und sind auch auf den ersten Blick eine große Hürde, die man erst einmal überwinden muss.

Der Faktor Mensch

Was ist das höchste Kapital eines Unternehmens? Richtig, seine Mitarbeiter! Unserer Meinung nach, sollten diese auch entsprechend behandelt und in ambitionierte Software- und Digitalisierungsprojekte von Anfang an miteinbezogen werden.

Doch leider stellen wir immer wieder fest, dass die Mitarbeiter oft vor die vollendeten Tatsachen gestellt werden. Das dieses Vorgehen nicht unbedingt zur Motivation der Kollegen beiträgt ist gut nachvollziehbar. Und genau darin liegt das Problem. Es bedarf nicht viel, um herauszufinden, welche Prozesse digitalisiert und automatisiert werden können und vielleicht sogar dringend digitalisiert und automatisiert werden sollten. Dazu sollte man lediglich die Mitarbeiter befragen und ihnen dann genau zuhören.

Berater und Vertriebsspezialisten können hervorragend die Vorteile und den Nutzen eines bestimmten Produktes erklären und verkaufen. Das ist auch gut so, das tun wir auch. Aber wir fangen immer bei dem Menschen an und sind stets daran interessiert den Dialog mit den Mitarbeitern zu suchen, um herauszufinden, welche „Schmerzen“ diese empfinden.

In den meisten Fällen stellen wir fest, dass in den Unternehmen enorm viel Knowhow vorhanden ist. Die Mitarbeiter teilen bereitwillig ihr gesamtes internes Wissen über die Prozesse und Arbeitsabläufe mit, wenn sie nur gefragt werden! Darum ist es für den Erfolg eines ambitioniertes Digitalisierungsvorhabens oder eines größeren Softwareprojektes wichtig, nicht nur die „Entscheider“ zu befragen, sondern auch die Mitarbeiter auf der breiten Ebene zu interviewen und nach besten Möglichkeiten in den Gesamtprozess miteinzubeziehen.

Zu viel und zu schnell

Gerne fahren viele von uns mit voller Kraft voraus und sind motiviert und engagiert unsere Arbeiten möglichst gut und schnell zu erledigen. Leider kann aber genau diese Art der Projektumsetzung mehr schaden als helfen. Denn schnell und ambitioniert bedeutet nicht immer überlegt und zu Ende gedacht. Einfach gesagt, Aktionismus ist keine gute Wahl, wenn es darum geht, Software- und Digitalisierungsprojekte erfolgreich umzusetzen.

In den durchgeführten Interviews haben wir unsere Kunden danach gefragt, was sie bei ihren nächsten Softwareprojekten besser machen würden? Die Antworten haben uns nicht wirklich überrascht. Denn, die meisten würden sich mehr Zeit nehmen und weniger auf einmal machen. Die Gründe dafür sind sehr vielfältig.

Versuchen Sie in zu kurzer Zeit zu viel und zu schnell zu realisieren, gehen Sie stets die Gefahr ein, dass Ihre Mitarbeiter nicht mitziehen oder einfach überfordert werden. Das führt schnell zur Frustration und „geistigen“ Lähmung. Und genau die brauchen wir bei den Software- und Digitalisierungsprojekten am wenigsten.

Wir empfehlen unseren Kunden zwar immer eine bestimmte Taktfrequenz einzuhalten, diese sollte aber auch an die Möglichkeiten der Mitarbeiter, neue Dinge umzusetzen, angepasst sein. Einerseits sollte sie zwar die Kollegen aus ihrer eigenen Komfortzone locken und motivieren, andererseits sollte sie aber diese auch nicht überfordern.

Fazit

Wie wir für Sie feststellen konnten, können die Gründe für Misserfolge im Bereich der Businessprozess-Digitalisierung und Arbeitsablauf-Automatisierung durch die Einführung neuer Softwareprodukte sehr vielfältig sein.

Beachtet Sie aber die in diesem Beitrag vorgestellten Hürden auch als Chancen und berücksichtigen diese bei neuen Projekten, so scheint Ihrem Erfolg nichts mehr im Wege zu stehen.

In Diesem Sinne, gutes Gelingen,
Vitali Fuchs

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Text / Inhalt

Vitali Fuchs
Geschäftsführer, Profilium GmbH

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